Formalien der Antragsstellung
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Optik der Belehrung
BGH, Beschl. v. 6.12.2017 - IV ZR 16/17, VersR 2018, 281 (BUZ)
Eine Belehrung im Antragsformular einer Risikoversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die (nur) die folgenden optischen Merkmale aufweist, ist drucktechnisch nicht so gestaltet, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann:
- Die Abschnittsüberschrift ist in einer größeren Schrift als der Belehrungstext sowie in Fettdruck gehalten;
- der Abschnitt oberhalb der Überschrift und unterhalb des Belehrungstextes ist jeweils durch eine horizontale Linie eingerahmt;
- auch die übrigen Abschnitte des Antragsformulars weisen diese Merkmale auf.
Ob für die Einhaltung der Textform und der Kenntnisnahme der Belehrung nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG nicht nur die Vorlage des Antragsformulars zur Unterschrift, sondern auch zur Durchsicht erforderlich ist, bleibt offen.
Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG, „Doppelbelehrung“, Hinweise auf Vertragsanpassung
BGH, Urt. v. 27.4.2016 - IV ZR 372/15, zfs 2016, 391 = VersR 2016, 780 = r+s 2016, 281 (PKV)
1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform nach § 19 Abs. 5 VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung in einen Fragebogen oder ein sonstiges Schreiben aufnimmt, in welchen dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalles gestellt werden. Einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde bedarf es für die gesonderte Mitteilung in Textform nicht. Die Belehrung muss aber drucktechnisch so gestaltet sein, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (im Anschluss an BGH, Urt. v. 9.1.2013 - IV ZR 197/11).
2. Eine "Doppelbelehrung", in der der Versicherer drucktechnisch hervorgehoben zunächst unmittelbar im räumlichen Zusammenhang mit den gestellten Gesundheitsfragen auf die möglichen Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht allgemein hinweist und diese sodann an einer genau bezeichneten Stelle im Einzelnen erläutert, genügt dem Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG (ebenso OLG München, r+s 2016, 68 Rn. 4-6; Beschl. v. 8.9.2015, VersR 2016, 515; anders OLG Hamm, VersR 2016, 103 unter 1).
3. Der Wirksamkeit der Belehrung steht es nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen der Vertragsanpassung nicht ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird, der ein Risiko betrifft, das sich sodann in dem eingetretenen Versicherungsfall realisiert hat (ebenso KG, VersR 2014, 1357 unter (1) b; OLG München, VersR 2016, 515 Rn. 7; a.A. LG Dortmund, NJW-RR 2013, 1371 Rn. 44; r+s 2013, 322 Rn. 15-18; Urt. v. 10.3.2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 30). Das gilt auch dann, wenn in der Gesamtbelehrung bei den Ausführungen zum Rücktritt ein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt, dass der Versicherungsschutz auch rückwirkend verlorengehen kann.
Hinweis zur „Doppelbelehrung“:
Die vom BGH gebilligte Belehrung enthielt vor den Antragsfragen den allgemeinen Warnhinweis „Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung ... berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen.“
Arglist und Belehrung
BGH, Urt. v. 12.3.2014 – IV ZR 306/13, NJW 2014, 1452 = jurisPR-VersR 4/2014 Anm. 1 Neuhaus = VersR 2014, 565 = zfs 2014, 277 = MDR 2014, 531 (PKV)
Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG arglistig, so kann der Versicherer auch dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er den Versicherungsnehmer nicht entsprechend den Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG belehrt hat.
Anforderungen an eine gesonderte Mitteilung in Textform über die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen bei Belehrung im Schadenmeldungsfragebogen
BGH, Urt. v. 9.1.2013 - IV ZR 197/11, r+s 2013, 113 = NJW 2013, 873 = VersR 2013, 297 = zfs 2013, 153 = jurisPR-VersR 3/2013 Anm. 2 Neuhaus = MDR 2013, 218
1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4 VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalls gestellt werden.
2. In diesen Fällen muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.
Ls. juris PR-VersR 3/2010 Neuhaus:
1. Eine "gesonderte Mitteilung in Textform" i.S. der §§ 28 Abs. 4, 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 VVG muss nicht in einem separaten Schriftstück enthalten sein; sie darf es jedoch.
Nach ihrem Zweck ist die Belehrung als eine anlassbezogene, lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen. Sie darf deshalb nicht vorsorglich nur in diesen Dokumenten erfolgen, sondern erst dann, wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.
2. Die erforderliche besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text kann sich ausnahmsweise dann erübrigen, wenn diese in einem gesonderten Dokument enthalten ist ("Extrablatt").
3. Ist die Belehrung in einem Fragebogen oder einem Schreiben enthalten, reichen allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung eines nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, nicht dafür aus, dass die im übrigen sich in Schriftart oder -größe und optischer Gestaltung nicht vom sonstigen Text unterschiedliche Belehrung für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.
4. Optische Hervorhebungen - z. B. durch Fettdruck - in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Belehrung können die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich ziehen und von der Bedeutung der Belehrung ablenken.