BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG

für die Leistungs- und Antragsprüfung


Fristen

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Zehnjahresfrist der Arglistanfechtung gilt auch für vor Ablauf der Frist eingetretene Versicherungsfälle

BGH, Urt. v. 25.11.2015 – IV ZR 277/14, VersR 2016, 101 = jurisPR-VersR 1/2016, Anm. 1 Neuhaus = zfs 2016, 92

1. Wegen des Wortlauts von § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG in Verbindung mit der systematischen Reihenfolge des § 21 Abs. 3 VVG und der Regelung in § 22 VVG, dass das Anfechtungsrecht des Versicherers "unberührt" bleibt, gilt bei vorsätzlichen und arglistigen Anzeigepflichtverletzungen i.S.v. § 21 Abs. 3 S. 2 VVG die Regelung in § 21 Abs. 3 S. 1 2. Hs. VVG (Ausschlussfrist von fünf Jahren für Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG gilt nicht für Versicherungsfälle, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind) nicht entsprechend. In solchen Fällen gilt allein die Ausschlussfrist des § 124 Abs. 3 BGB. Dem entspricht die Zehnjahresfrist in § 21 Abs. 3 S. 2 VVG, die damit eine absolute Höchstgrenze darstellt.

2. Ansprüche des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer aus Pflichtverletzung bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1 und 3, § 282, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB; früher culpa in contrahendo) bestehen auch nach dem VVG n.F. nicht, wenn der Versicherungsnehmer bei Anbahnung des Versicherungsvertrages über einen gefahrerheblichen Umstand täuscht, weil für diesen Fall die Vorschriften des VVG (§§ 19-22 VVG n.F., §§ 16-22 VVG a.F.) über die Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheiten und deren Rechtsfolgen grundsätzlich eine abschließende Regelung darstellen.


Beginn der Frist für die Arglistanfechtung

BGH, Beschl. v. 18.1.2012 – IV ZR 15/11

Der Lauf der Anfechtungsfrist des § 124 BGB beginnt erst, wenn der Getäuschte die arglistige Täuschung als solche erkennt, und nicht bereits dann, wenn er über Unterlagen verfügt, aus denen sich Widersprüche herausarbeiten ließen; zudem muss sich die Kenntnis nicht nur auf die objektive Falschheit der Angaben, sondern auch auf die subjektive Arglist des anderen Teils beziehen. 



Beweislast des VN für die Verfristung des Rücktrittsrechts des Versicherers

BGH, Urt. v. 20.4.1994 - IV ZR 232/92, r+s 1994, 401 = VersR 1994, 1054

Ls. der r+s:
Die bedingungsgemäße Verkürzung der Zehnjahresfrist des § 163 VVG auf drei Jahre wird nur dann hinfällig („Die Frist gilt nicht, wenn der VersFall innerhalb der ersten drei Jahre eintritt“), wenn der VersFall bezüglich einer vom zurücktretenden Versicherer unterhaltenen Vers. eingetreten ist, nicht aber auch dann, wenn der VersFall ausschließlich einen anderen Versicherer betrifft (hier: Berufsunfähigkeit wegen Schwerhörigkeit, die vom zurücktretenden Versicherer ausgeschlossen worden war).

Ls. der VersR:
1. Auch die gegenüber der gesetzlichen Zehnjahresfrist des § 163 VVG zulässigerweise (§ 178 Abs. 1 S. 1 VVG) zugunsten des VN abgekürzte Rücktrittsfrist ist eine von Amts wegen zu beachtende Ausschlußfrist, denn die Abkürzung verändert die Rechtsnatur der Rücktrittsfrist nicht.
2. Die Beweislast dafür, daß der Rücktritt tatsächlich verfristet ist, trägt der VN. 


Beginn der Rücktrittsfrist (§ 20 VVG a.F.) bei unterlassenen Rückfragen

BGH, Entscheidung vom 28.11.1990 (IV ZR 219/89), VersR 1991, 170

Führt der dem Versicherer zuzurechnende Kenntnisstand eines Agenten dem Versicherer vor Augen, daß eine unveränderte Vertragsannahme nach seinen Risikoprüfungsgrundsätzen fraglich werden könnte, so kann er den Fristbeginn für einen Rücktritt gem. § 20 VVG nicht dadurch beeinflussen, daß er zunächst Rückfragen unterläßt, die ihm zur Vervollständigung und Abrundung des bereits gegebenen Kenntnisstandes geboten erscheinen mußten (i. A. an BGHZ 108, 326 = VersR 1989, 1249).


Unterlassene Rückfragen VVG § 6; VVG § 20 a.F. 

BGH, Entscheidung vom 20.09.1989 (IV a ZR 107/88, Koblenz), VersR 1989, 1249

Sofern das einem Versicherer bereits vorliegende Tatsachenmaterial vor Augen führt, daß ein Rücktritt oder eine Kündigung wegen Obliegenheitsverletzung des VN ernstlich in Betracht kommt, kann der Versicherer die Wahrung der einmonatigen Rücktritts oder Kündigungsfrist gem. den §§ 6 und 20 VVG nicht dadurch beeinflussen, daß er die zur Vervollständigung seiner Kenntnisse für geboten erachteten Rückfragen zunächst unterläßt.