BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG

für die Leistungs- und Antragsprüfung


Beruf

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Prägende Tätigkeiten, aufeinander aufbauende Teiltätigkeiten als untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs

BGH, Urt. v. 19.7.2017 - IV ZR 535/15, NJW-RR 2017, 1066 = VersR 2017, 1134 = BeckRS 2017, 120124 = zfs 2017, 583 = MDR 2017, 1123

  • Für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit darf nicht nur auf den Zeitanteil einer einzelnen Tätigkeit abgestellt werden, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann, wenn diese untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs ist (Bestätigung des Senatsurteils vom 26. Februar 2003 - IV ZR 238/01, VersR 2003, 631).
  • Besteht die Tätigkeit einer angestellten Versicherungsnehmerin im Wesentlichen darin, die Unternehmensräume zu putzen, Einkäufe zu erledigen und allein den Mittagstisch für ca. 15 bis 30 Personen in einer Kantine zuzubereiten und gehört dazu ein von ihr zu tätigender wöchentlicher Einkauf von Lebensmitteln, ist dies als untrennbarer Bestandteil der zu führende Kantine anzusehen. Soweit der Versicherungsnehmerin die notwendigen Einkäufe nicht mehr möglich sind, ist ihr auch die weitere Führung der Kantine nicht mehr möglich. Das Gericht muss deshalb mit Hilfe des medizinischen Sachverständigen nicht nur klären, welchen zeitlichen Anteil der Einkauf an der Arbeitsleistung hat, sondern auch, in welchem Ausmaß sich ein gegebenenfalls anzunehmender Wegfall der gesamten Essenszubereitung auf ihre Berufstätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung auswirkt.
  • Die vom Gericht übernommene Beurteilung eines gerichtlichen unfallchirurgisch-orthopädischen Sachverständigen, es sei zwar davon auszugehen, dass Probleme beim Tragen schwerer Einkaufslasten bestehen, dies mache aber zeitlich keinen großen Anteil aus, so dass nur eine Einschränkung von 20 % anzunehmen sei, ist daher rechtsfehlerhaft.
  • Geht es um Äußerungen medizinischer Sachverständiger, so muss der Tatrichter diese kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit prüfen und insbesondere auf die Aufklärung von Widersprüchen hinwirken, die sich innerhalb der Begutachtung eines Sachverständigen wie auch zwischen den Äußerungen mehrerer Sachverständiger ergeben. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter zudem besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senatsurteil vom 25. Februar 2009 - IV ZR 27/08, VersR 2009, 817 Rn. 9 m.w.N.).
  • Gibt der gerichtliche Sachverständige in seiner Anhörung an, ihm sei nicht bekannt, ob die Versicherungsnehmerin Antidepressiva eingenommen habe, jedenfalls sei sie nicht über längere Zeit depressiv gewesen, weil man dann eine entsprechende ärztliche Behandlung erwarten würde, und verneint der gerichtliche Sachverständige eine längere Depressivität, obwohl in mehreren vorliegenden Klinikberichten eine medikamentöse Behandlung erwähnt wird, hat das Gericht diesen Widerspruch aufzuklären, damit klar wird, ob die Versicherungsnehmerin ihren Beruf im versicherten Prognosezeitraum (hier: sechs Monate) nicht mehr ausüben konnte. Die Feststellung des Gerichts, dass eine vorübergehende, inzwischen aber wieder abgeklungene Depressivität "über eine gewisse Zeit" bestanden haben möge, ist insofern fehlerhaft, weil es sich nicht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat.



„Schreibitisch-Klausel“

BGH, Urt. v. 15.2.2017 - IV ZR 91/16, r+s 2017, 259 = NJW 2017, 2346 = VersR 2017, 538

Die in Verträgen über eine Berufsunfähigkeitsversicherung verwendete Klausel "Als versicherter Beruf im Sinne der Bedingungen gilt die vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit mit der Maßgabe, dass sie zu mindestens 90 Prozent als Schreibtischtätigkeit in Büro, Praxis oder Kanzlei ausgeübt wird. Im Falle einer BU-Leistungsprüfung erfolgt die Bemessung der Berufsunfähigkeit ausschließlich auf dieser Basis." ist intransparent.



Konkrete Verweisung in der BUV, leidensbedingter Berufswechsel und Wiederaufleben der Leistungspflicht bei Ende der Verweisungstätigkeit

BGH, Urt. v. 14.12.2016 - IV ZR 527/15, r+s 2017, 320 = zfs 2017,164 = jurisPR-VersR 2/2017 Anm. 3 Neuhaus = VersR 2017, 216 = MDR 2017, 151 = BeckRS 2016, 109928

  • Hat der Versicherte ausschließlich leidensbedingt den Beruf gewechselt und ändert dann nochmals die beruflichen Tätigkeit, auf die der Versicherer ihn verweisen will, bleibt die Tätigkeit in gesunden Tagen der Maßstab für die Prüfung der Berufsunfähigkeit und nicht etwa die zuerst leidensbedingt geänderte Tätigkeit. Eine zeitliche Grenze, ab der leidensbedingt gewechselte Beruf zum Maßstab der Prüfung werden könnte, existiert nicht.
  • Eine wirksame Nachprüfungsmitteilung beendet die Leistungspflicht des Leistungspflicht im konkreten Versicherungsfall und die Bindung an das abgegebene Anerkenntnis. Damit ist der gedehnte Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit beendet.
  • Aus der Beseitigung der Selbstbindung des Versicherers im Wege des Nachprüfungsverfahrens folgt, dass die frühere Leistungspflicht des Versicherers mit der Beendigung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht wieder auflebt. Der Versicherte muss vielmehr - will er wiederum Leistungen erhalten - einen neuen Leistungsantrag stellen. Steht aber fest, dass der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen unverändert außerstande ist, der in gesunden Tagen ausgeübten Tätigkeit nachzugehen, begründet eine Beendigung der Vergleichstätigkeit ausnahmsweise erneut eine Leistungspflicht des Versicherers. Es ist nicht erforderlich, dass die Vergleichstätigkeit aus medizinischen Gründen endet.

Hinweis:
Der VN hatte zunächst als niedergelassener HNO-Facharzt mit eigener Praxis gearbeitet, dann wegen Arthrose im Schultergelenk OP’s und kleine Eingriffe an eine neu eingestellte Mitarbeiterin delegiert. Dann erkannte der VR an. Danach wurde die Praxis in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) integriert, zu dessen Leiter der VN wurde. Der VR stellte die Leistungen im Nachprüfungsverfahren mit konkreter Verweisung ein. Während des Rechtsstreits wurde die Tätigkeit im MVZ unstreitig aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung beendet und der VN arbeitete gegen ein monatliches Honorar als Praxisvertreter in einer Gemeinschaftspraxis.


Beamtenklausel, Eintritt der BU „mit Ablauf“ des Monats

BGH, Urt. v. 16.11.2016 - IV ZR 356/15, r+s 2017, 85 = VersR 2017, 85 = MDR 2017, 89

Kommt es nach einer Beamtenklausel für den Eintritt von Berufsunfähigkeit darauf an, dass der versicherte Beamte "in den Ruhestand versetzt wird", ist damit aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers der Zeitpunkt gemeint, zu dem die Zurruhesetzungsverfügung innerlich wirksam wird und das Beamtenverhältnis gemäß § 21 Nr. 4 BeamtStG endet, da erst dann - als Pendant zur Unfähigkeit der Berufsausübung - die Dienstpflicht als Beamter aufgehoben wird.
Wird ein versicherter Beamter durch seinen Dienstherrn "mit Ablauf" eines Monats in den Ruhestand versetzt, so tritt der Versicherungsfall am letzten Tag dieses Monats ein, wenn nach den Versicherungsbedingungen Berufsunfähigkeit vorliegt, sobald der versicherte Beamte wegen Dienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt wird. Denn der Bescheid, durch den der Beamte entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird, entfaltet seine Gestaltungswirkung (innere Wirksamkeit) zu dem in ihm angegebenen Zeitpunkt der Entlassung oder Zurruhesetzung. Ist der maßgebliche Wirkungszeitpunkt der "Ablauf“ eines bestimmten Tages, gehört der Zeitpunkt des Ablaufs noch zu diesem Tag. Der Eintritt eines Ereignisses "mit Ablauf" eines Monats ist damit rechtlich dem ablaufenden Monat und nicht dem ersten Tag des Folgemonats zuzurechnen.


Ausscheiden aus dem Beruf

BGH, Urt. v. 30.11.2011 – IV ZR 143/10, r+s 2012, 142 = zfs 2012, 221

Von einem Ausscheiden aus dem Beruf kann nur dann gesprochen werden, wenn der VN seinen bisherigen Beruf bewusst aufgibt und auch aus Gründen der Kenntnisse und Erfahrungen aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr an den früheren Beruf angeknüpft werden kann.


Beruf des Auszubildenden

BGH, Urt. v. 30.3.2011 - IV ZR 269/08, r+s 2011, 259 = NJW 2011, 1736 = VersR 2011, 655 = MDR 2011, 660

Für den Beruf des Auszubildenden ist nicht zwischen Ausbildungs- und Ausübungsphase nach bestandener Prüfung zu unterscheiden. 



Azubi und Nachprüfung

BGH, Urt. v. 24.2.2010 - IV ZR 119/09, BUZintensiv Nr. 2/2010, S. 1= r+s 2010, 247 m. Anm. Neuhaus = VersR 2010, 619 = NJW 2001, 1755

Wird ein Auszubildender gegen Berufsunfähigkeit versichert, ist der Berufsbegriff auf solche Tätigkeiten auszuweiten, die erst die Voraussetzungen für die Aufnahme einer bestimmten, auf Erwerb gerichteten Tätigkeit schaffen sollen. (Leitsatz des BGH)
Für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit ist nicht zwischen der Ausbildungs- und der Ausübungsphase zu unterscheiden. Ist der Versicherte nach abgeschlossener Ausbildung den Anforderungen seines Berufes nicht gewachsen, kann der Versicherer deshalb nicht geltend machen, er übe jetzt einen - verglichen mit der Tätigkeit als Auszubildender - anderen Beruf aus, dem er zu keiner Zeit  in "gesunden Tagen" nachgegangen sei. (Leitsatz des BGH)


Zulässige Anknüpfung der Berufsunfähigkeit eines einem Versorgungswerk angehörigen Beamten an die Vorlage eines Rentenbescheids

BGH, Urt. v. 7.3.2007 – IV ZR 133/06, Schleswig, VersR 2007, 821

1. Bei der Berufsunfähigkeit im privatversicherungsrechtlichen Sinne handelt es sich um einen eigenständigen Rechtsbegriff, der weder mit Dienstunfähigkeit noch mit Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gleichgesetzt werden kann.

2. Wenn in einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer Beamtin, die zugleich Mitglied eines Versorgungswerks ist, vereinbart ist, dass zum Nachweis der Berufsunfähigkeit die Vorlage des Rentenbescheids über eine nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente genügt, ist es unzulässig, diese Vereinbarung nach den Grundsätzen einer „falsa demonstratio“ durch eine sogenannte Beamtenklausel zu ersetzen.

3. Wenn in einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer Beamtin, die zugleich Mitglied eines Versorgungswerks ist, vereinbart ist, dass zum Nachweis der Berufsunfähigkeit die Vorlage des Rentenbescheids über eine nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente genügt, ist es unzulässig, diese Vereinbarung nach den Grundsätzen einer „falsa demonstratio“ durch eine sogenannte Beamtenklausel zu ersetzen.


Voraussetzungen für Berufsunfähigkeit des mitarbeitenden Betriebsinhabers

BGH, Urt. v. 26.2.2003 - IV ZR 238/01, VersR 2003, 631 = r+s 2003, 207 = NJW-RR 2003, 673

Ls. der VersR:
1. Eine Berufsunfähigkeit des mitarbeitenden Betriebsinhabers setzt zunächst voraus, dass er zu seiner konkreten beruflichen Tätigkeit, wie sie bis zum Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung ausgestaltet war, in einem Ausmaß nicht mehr imstande ist, das nach den Versicherungsbedingungen einen Rentenanspruch begründet.
2. Außerdem muss der mitarbeitende Betriebsinhaber darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass ihm eine zumutbare Betriebsorganisation keine gesundheitlich noch zu bewältigende Betätigungsmöglichkeit eröffnen kann, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würde.

Ls. der NJW-RR:
1. Bei der Bestimmung des Grades der Berufungsunfähigkeit nach dem Ausfall des Vermögens zu einer Einzelverrichtung ist darauf abzustellen, welcher einheitliche Lebensvorgang durch den Ausfall der Einzelverrichtung erfasst ist (hier: Unvermögen, die Geldzählmaschine bei der Leerung und Abrechnung von Gaststättenautomaten zu tragen).
2. Die Umorganisation eines Betriebs ist nur dann zumutbar, wenn sie nicht mit auf Dauer ins Gewicht fallenden Einkommenseinbußen verbunden ist. (Leitsätze der Redaktion)



Auch bei Fehlen eines Kästchens für Soldaten fällt ein Soldat bei Ankreuzen des Kästchens "Beamter" im Antragsformular nicht unter die Beamtenklausel

BGH, Urt. v. 26.9.2001 (IV ZR 220/00), r+s 2002, 80 = VersR 2001, 1502

Der Begriff „Beamter“ ist eindeutig und kann nicht auf nichtbeamtete Staatsdiener wie Soldaten oder Richter erweitert werden.
Ein Soldat kann die so genannte Beamtenklausel einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn das Antragsformular in der Rubrik "Berufsstellung" keine für Soldaten passende Wahlmöglichkeit enthielt und er infolgedessen das Kästchen "Beamter" angekreuzt hat.* 


Keine Verweisung des VN auf eine von ihm durch kapitalaufwendige Umorganisation eröffnete Tätigkeit

BGH, Urt. v. 28.4.1999 - IV ZR 123/98, r+s 1999, 387 = NVersZ 1999, 514 = ZfS 1999, 386 = VersR 1999, 958 = NJW-RR 1999, 1111 = MDR 1999, 994

Der Versicherer darf seine Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht deshalb einstellen, weil der versicherte Betriebsinhaber durch Kapitaleinsatz seinen Betrieb erweitert und dadurch eine Umorganisationsmöglichkeit geschaffen hat.


Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung

BGH, Entscheidung vom 22.10.1997 - IV ZR 221/96, VersR 1997, 1520

BayBG Art. 42 Abs. 1 Nr. 2

Bestimmt eine sogenannte Beamtenklausel, nach der ein Beamter als berufsunfähig gilt, wenn er wegen Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden ist, daß dienstunfähig ist, wer "infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist", so liegt eine Entlassung wegen Berufsunfähigkeit nur dann vor, wenn der Beamte allein (ausschließlich) wegen seines Gesundheitszustands vorzeitig entlassen worden ist.



Darlegungsumfang der beruflichen Tätigkeit

BGH, Urt. v. 12.6.1996 - IV ZR 118/95, r+s 1996, 418 = VersR 1996, 1090

Der Versicherte kommt seiner Darlegungverpflichtung nicht ausreichend nach, wenn er seine bisher wahrgenommene betriebliche Tätigkeit nur durch einen Sammelbegriff (hier: Rettungsfahrten, Kranken- und Behindertentransporte) umschreibt. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Arbeitsbeschreibung, aufgrund dessen die regelmäßig anfallenden beruflichen Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit, insbes. auch nach ihren Anforderungen an die (auch körperliche) Leistungsfähigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.



Darlegungslast eines berufsunfähigen Unternehmers

BGH, Urt. v. 12.6.1996 - IV ZR 117/95, r+s 1997, 35

1. Der VersNehmer muß seine bisherige Arbeit so konkret beschreiben, daß die regelmäßig anfallenden Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit, insbes. aber auch nach ihren Anforderungen an die - auch körperliche - Leistungsfähigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
2. Ein mitarbeitender, berufsunfähig gewordener Unternehmer muß ferner darlegen, daß eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm noch gesundheitlich zu bewältigende Betätigungsmöglichkeiten eröffnet. Die Zumutbarkeit einer solchen Betriebsumorganisation ist nicht allein nach den Kriterien zu messen, die für eine Verweisung nach § 2 (1) BUZ gelten. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der dem Unternehmer nach Ausübung seines Direktionsrechts trotz der gesundheitlichen Einschränkungen noch verbleibenden Tätigkeitsfelder vorzunehmen.



Darlegungslast eines berufsunfähigen Unternehmers, Änderung des Tätigkeitsbereichs eines Betriebsinhabers ist keine Verweisung. S. d. § 2 BB-BUZ

BGH, Urt. v. 12.6.1996 - IV ZR 118/95, r+s 1996, 418 = VersR 1996, 1090

  • Der Versicherte kommt seiner Darlegungverpflichtung nicht ausreichend nach, wenn er seine bisher wahrgenommene betriebliche Tätigkeit nur durch einen Sammelbegriff (hier: Rettungsfahrten, Kranken- und Behindertentransporte) umschreibt. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Arbeitsbeschreibung, aufgrund dessen die regelmäßig anfallenden beruflichen Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit, insbes. auch nach ihren Anforderungen an die (auch körperliche) Leistungsfähigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
  • Der mitarbeitende Betriebsinhaber hat ferner darzulegen, daß eine zumutbare Betriebsumorganisation ihm keine gesundheitlich noch zu bewältigende, die Berufsunfähigkeit ausschließende Betätigungsmöglichkeit eröffnet.
  • Bei einer Verlagerung der Tätigkeit des mitarbeitenden Betriebsinhabers auf einen anderen, von ihm bisher nicht wahrgenommenen betrieblichen Tätigkeitsbereich handelt es sich nicht um eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit i. S. d. § 2 Nr. 1 BB-BUZ. 



Tätigkeit als Tennislehrer und Mannschaftstrainer

BGH v. 3.4.1996 - IV ZR 344/94), VersR 1996, 830

Für die Berufsunfähigkeit kommt es weder auf die Berufsbezeichnung im Versicherungsantrag oder im Versicherungsschein noch auf das allgemeine Berufsbild an, sondern auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung.



Versicherungsfall bei einem Offiziersanwärter

BGH, Urt. v. 27.9.1995 - IV ZR 319/94, r+s 1996, 35 = VersR 1995, 1431 = NJW-RR 1996, 88

Die bisherige Lebensstellung eines noch in der Berufsausbildung stehenden, gegen Berufsunfähigkeit gem. § 2 der genannten Musterbedingungen Versicherten wird maßgebend von dem erreichbaren Ausbildungsziel bestimmt. Bezog der Versicherte in seiner bisherigen Ausbildung bereits ein gesichertes Einkommen, das es ihm ermöglichte, seinen Lebensunterhalt ohne fremde Unterstützung zu bestreiten, so hat auch dies seine Lebensstellung geprägt.


Beamtenklausel und Nachprüfungsverfahren

BGH, Entscheidung vom 05.07.1995 - IV ZR 196/94, r+s 1995, 374 = VersR 1995, 1174

1. Enthalten die Bedingungen einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung eine unwiderlegbare Vermutung vollständiger Berufsunfähigkeit für den Fall, daß ein versicherter Beamter ausschließlich infolge seines Gesundheitszustands wegen Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden ist (sogenannte Beamtenklausel), hat das Bedeutung für die Auslegung einer Regelung, mit der sich der Versicherer nach einem Leistungsanerkenntnis die Nachprüfung der Dienstunfähigkeit vorbehält.

* 2. Dem Versicherer ist es im Anwendungsbereich einer solchen Beamtenklausel verwehrt, allein deshalb, weil der entlassene Beamte Versorgungsleistungen nach dem BeamtVG nicht erhält, im Nachprüfungsverfahren seine (weitere) Leistungspflicht davon abhängig zu machen, daß beim Versicherten Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der für alle Versicherten geltenden Voraussetzungen festgestellt wird.


Maßgebender Beruf wird im Versicherungsschein nicht festgeschrieben

BGH, Urt. v. 16.3.1994 - IV ZR 110/92, r+s 1994, 314 = VersR 1994, 587

Mit der im Versicherungsschein vermerkten Berufsbezeichnung ist nicht festgeschrieben, welcher konkrete Beruf des Versicherten bei Eintritt des Versicherungsfalls den maßgeblichen Ausgangspunkt für die gem. § 2 der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus dem Jahr 1975 (VerBAV 75, 2) anzustellende Beurteilung bildet.


Anforderungen an die Vortrags- und Beweislast eines VN, der als mitarbeitender Betriebsinhaber Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit geltend macht

BGH, Urt. v. 3.11.1993 - IV ZR 185/92, r+s 1994, 113 = VersR 1994, 205

  • Ein mitarbeitender Betriebsinhaber hat vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, wie sein Betrieb vor seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung organisiert gewesen ist und in weicher Art und in welchem Umfang er bis dahin mitgearbeitet hat. Denn damit beweist er den bislang konkret ausgeübten Beruf, der bedingungsgemäß den Ausgangspunkt für die Beurteilung gesundheitlich bedingter Berufsunfähigkeit abgibt (Senat vom 25. 9. 1991 - IV ZR 145/90 - VersR 1991, 1358 unter 2 b).
  • Der mitarbeitende Betriebsinhaber hat weiter vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, daß die Tätigkeitsfelder, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in seinem Betrieb noch arbeiten kann, ihm keine Betätigungsmöglichkeiten belassen, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen. Zu seiner Vortrags- und Beweislast gehört auch, daß ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigenden Betätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden (Senat vom 11.11.1987 - IVa ZR 240/86 - VersR 1988, 234 unter 2 und 3; vom 5. 4. 1989 - IVa ZR 35188 - VersR 1989, 579; vorn 25. 9. 1991 - IV ZR 145/90 - VersR 1991, 1358).



Maßgebende Berufsausübung bei Berufsunfähigkeitsermittlung

BGH, Urt. v. 22.9.1993 - IV ZR 203/92, r+s 1994, 33 = VersR 1993, 1470

Für einen Tankstellenpächter gibt es kein abstraktes Berufsbild, das erschöpfende Auskunft über dessen Tätigkeit im einzelnen und den dafür erforderlichen Kenntnissen gibt. Deshalb ist stets im Einzelfall festzustellen, welche Arbeit der Versicherte ausgeführt hat, wie die Tankstelle strukturiert war und über welche Vorbildung einschlägiger oder sonstiger Art er verfügt.
Im Rahmen der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich maßgebend die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d. h., solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war.


Zur Abgrenzung von Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit

BGH, Entscheidung vom 07.07.1993 - IV ZR 47/92, VersR 1993, 1120

Wird ein Polizeivollzugsbeamter wegen Polizeidienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, weil eine Planstelle im allgemeinen Verwaltungsdienst fehlt, so ist er nicht wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. 


Feststellungen des Gerichts zum Beruf als Grundlage des med. Gutachtens

BGH, Urt. v. 27.1.1993 - IV ZR 309/91, r+s 1993, 198 = VersR 1993, 469

Die Beurteilung, ob der Versicherte berufsunfähig im Sinne der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (MB-BUZ) von 1975 (VerBAV 75, 2) geworden ist, erfordert es, daß die konkrete Ausgestaltung des von dem Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls ausgeübten Berufs und die sich aus dieser Berufsausübung ergebenden Anforderungen festgestellt werden. Diese Feststellungen sind einem medizinischen Sachverständigen als Grundlage seiner Gutachtenerstattung vorzugeben.


Feststellung einer anspruchsbegründenden Berufsunfähigkeit, Darlegungs- und Beweislast

BGH, Urt. v. 30.9.1992 - IV ZR 227/91, r+s 1992, 427 = VersR 1992, 1386

Die Feststellung, der Versicherte sei während der Vertragsdauer berufsunfähig geworden, setzt voraus, daß er die Fähigkeit verloren hat, sowohl seinem bis dahin konkret ausgeübten Beruf als auch einem Vergleichsberuf nachzugehen. Beide Möglichkeiten müssen ausgeschlossen sein. 

Darlegungs- und beweispflichtig für Art und Umfang seines Berufs ist der VN. Die Beurteilung, ob der Versicherte berufsunfähig geworden ist, erfordert es, dass die konkrete Ausgestaltung des zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls ausgeübten Berufs und die sich aus dieser Berufsausübung ergebenden Anforderungen festgestellt werden; diese Feststellungen sind einem medizinischen Sachverständigen als Grundlage seiner Gutachtenerstattung vorzugeben.


Vortrags- und Beweislast bei Streit über den Grad der Berufsunfähigkeit

BGH, Entscheidung vom 25.9.1991 - IV ZR 145/90, r+s 1991, 431 = VersR 1991, 1358

Behauptet ein bislang mitarbeitender Betriebsinhaber aus gesundheitlichen Gründen in seinem Betrieb berufsunfähig geworden zu sein, so hat er darzulegen und ggfs. zu beweisen,
- wie sein Betrieb bislang organisiert gewesen ist und in welcher Art und welchem Umfang er mitgearbeitet hat,
- daß er angesichts seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Betätigungsmöglichkeit mehr hat und
- daß ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation, von der Entlassung der Neueinstellung anderer Beschäftigter nicht ausgenommen sind, keine die Berufsunfähigkeit ausschließende Betätigungsmöglichkeit mehr eröffnet.
Zur Vortrags- und Beweislast eines bislang mitarbeitenden Betriebsinhabers, wenn er geltend macht, sein Betrieb eröffne ihm keine Tätigkeitsbereiche, bei deren ihm gesundheitlich noch möglicher Wahrnehmung bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausgeschlossen bliebe, gehört es zunächst einmal vorzutragen, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang er in seinem Betrieb mitgearbeitet hat. Schlüssig ist dieser Vortrag nur, wenn diese Arbeitsleistung die ihm gesundheitlich noch mögliche Betriebsleitung zumindest um das Doppelte überstiegen hat. Solange dies nicht vorgetragen ist, kann ein gerichtlicher Sachverständiger nicht beauftragt werden.


Beamtenklausel

BGH, Entscheidung vom 14.6.1989 - IV a ZR 74/88,  r+s 1989, 268 = VersR 1989, 903

a) Die Bestimmung (Beamtenklausel), daß eine infolge des Gesundheitszustandes vorzeitige Entlassung aus dem öffentlichen Dienst oder vorzeitiges Versetzen in den Ruhestand als Berufsunfähigkeit gilt, enthält eine unwiderlegbare Vermutung.
b) Verlangt der Versicherer - abweichend von den sonstigen Fällen der Berufsunfähigkeit - neben einem Arztbericht nur die Vorlage einer Urkunde über die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand/Entlassung aus dem öffentlichen Dienst zum Nachweis der Berufsunfähigkeit, so sind für die Beamtenklausel die Bestimmungen zur Berufung des Ärzteausschusses (§ 6 BUZ) und zum Nachprüfungsverfahren (§ 7 BUZ) abbedungen.
Ls. der VersR:
Zur Reichweite einer sogenannten Beamtenklausel, nach der es als vollständige Berufsunfähigkeit gilt, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustands wegen Dienstunfähigkeit aus dem öffentlichen Dienst entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.
In einer Klausel mit dem Wortlaut des § 2 Nr. 3 der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (VerBAV 75, 2) ist eine unwiderlegbare Vermutung enthalten.
Die Unwiderlegbarkeit vollständiger Berufsunfähigkeit läßt für die Dauer der Entlassung oder Pensionierung, sofern diese wegen gesundheitsbedingter Dienstunfähigkeit erfolgt ist, keinen Raum mehr für Streitigkeiten über Eintritt, Grad und Fortdauer vollständiger Berufsunfähigkeit. Das ändert sich erst, wenn die Pensionierung oder Entlassung nicht aufrechterhalten bleibt.



Zur Berufsunfähigkeit eines wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten

BGH, Urt. v. 18.1.1989 - IVa ZR 321/8, r+s 1989, 99

1. Gilt vereinbarungsgemäß die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit als vollständige Berufsunfähigkeit, so ist es dem Versicherer verwehrt, noch das Ob und den Grad der Berufsunfähigkeit zu prüfen.

2. Gilt vereinbarungsgemäß die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit als vollständige Berufsunfähigkeit, so ist - vom Versicherer überprüfbare - Voraussetzung der Berufsunfähigkeit, daß der gesundheitliche Anlaß hierfür während der VersDauer eingetreten ist.